Vom 22. bis  26.06.2011 haben wir uns in großer Zahl in Leipzig getroffen und Bachs Wirkungsstätten dort und in Köthen besucht.

Auf Bachs Spuren in Köthen und Leipzig

(berichtet von Hans-Wilhelm von Wangenheim)

2011 vor der Thomaskirche - ohne Damen    Die letzten Stationen Johann Sebastian Bachs waren von Mittwoch, dem 22. bis Sonntag dem 26. Juni, die Orte unseres diesjährigen Singalumnats-Treffens außerhalb von Laubach. Jürg und Marianne Wieber hatten es wiederum angeregt und vorbereitet – und wie!  Fotos Bachreise 2011

Das Best-Western-Hotel Windorf in Leipzig, auf dessen Auswahl, wie Jürg mehrmals betonte, seine Frau Marianne bestanden hatte, erwies sich währen der fünf Tage unseres Dortseins als eine glückliche Voraussetzung für das „totale“ Gelingen unserer Zusammenkunft: Angenehme, große Zimmer mit Kingsize-Betten, freundliche, zuvorkommende Bedienung, gutes Essen mit ansprechendem „outfit“. Der Nachteil der Lage etwas abseits vom Zentrum wurde dadurch und durch den sehr moderaten Preis und einen perfekten Busdienst direkt ab Haus mehr als ausgeglichen. Die meisten waren mit dem PKW angereist, einige auch per Bahn und Straßenbahn. Die Letzte­ren wussten von einem wolkenbruchartigen Schutt über der Stadt mit umstürzenden Bäumen zu berichten, der aber beim Erreichen der letzten Haltestelle sich auf ein erträgliches Maß an windigem Re­gen reduziert hatte. Der Abend verlief in gelöster Stimmung, eingeleitet und gelegentlich unterbrochen nur von Jürgs seniorengerechten Hinweisen – deutlich, freundlich, geduldig – und von Bitzis Verlesung des lutherschen Abendsegens, der uns auch an den folgenden Abenden an die vertraute Praxis im Laubacher Schloss erinnerte.

    Bei sonnigem Wetter brachte uns der bereitstehende Bus in gut eineinhalb Stunden nach Köthen, durch eine nicht gerade spektakuläre Gegend, die dafür in der Ferne die Doppelkirche von Landsberg auf dem Vulkankegel besonders in Erscheinung treten ließ. Köthen selbst erwies sich als ein beschauliches Residenzstädtchen mit einem respektablen Schloss der Fürsten von Anhalt-Köthen, das wir in zwei Gruppen besichtigten. In Erinnerung bleiben sicher die Instrumentensammlungen und der „Spiegelsaal“. Die beiden Gruppen wurden auch durch Teile der Stadt geführt, unter anderem in die 1699 geweihte St. Agnus-Kirche für die lutherischen Landeskinder im ansonsten reformiert geprägten Fürstentum. Beeindruckend war auch die Stadtkirche St. Jakob, ein gotischer Hallenbau mit zwei weithin sichtbaren Türmen aus dem 19. Jahrhundert.

    Am Nachmittag besuchten wir die Bach-Gedenkstätte im Schloss, wo uns KMD Martina Apitz, auf einem Flügel einige Präludien und Fugen aus dem Wohltemperierten Klavier darbot - furios und für uns „extra geübt“, wie sie uns versicherte. Nach kleinen Rundgängen in der Stadt oder Café-Genüssen ad libitum ging es im Bus wieder ins Hotel Windorf, wo wir den Tag mit einem guten Abendessen, einem 4-stimmigen kleinen Chorsingen unter Jürgs Leitung und anschließend nach langen Gesprächen beendeten.

    Der Freitag nahm zunächst eine sehr informative Stadtrundfahrt unter der Führung von Frau Regine Rüdiger ein. Besonders beeindruckt waren wir von der zum größeren Teil sanierten Bausubstanz der Jahrzehnte um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, die im während des Krieges nicht allzu sehr demolierten Leipzig weite Bereiche der Innenstadt und der um sie herumliegenden Stadtbezirke prägt. Sie zeugt vom Selbstbewusstsein der Stadt und ihrer Bürger. Aber auch Bauten aus früherer Zeit wie die Kirchen und das alte Rathaus sind imponierende Zeugen bürgerlichen Reichtums. Dessen Basis war nicht nur die Messe, sondern auch eine blühende Industrie, die in der Nachkriegszeit und zu erheblichen Teilen auch nach der „Wende“ von 1989 einen bedrückenden Niedergang erlebte, der erst allmählich wieder umgekehrt werden kann. Umso ermutigender ist die Umwandlung von Industriebrachen zu sehr attraktiven Wohngebieten oder modernen Gewerbe- und Dienstleistungsnutzungen. Dabei fallen die ausgedehnten Grünanlagen und Wasserläufe der Elsterauen auf. Dies alles wurde uns eindrücklich vor Augen geführt.

    Nach dem Mittagessen in Auerbachs Keller begaben wir uns ins Neue Bachmuseum im „Bose-Haus“ gegenüber der Thomaskirche, einer Einrichtung, in der alle modernen Möglichkeiten optischer und akustischer Präsentation geboten werden. Viele von uns haben sie ausgiebig genutzt, einige machten sich zu anderen Sehenswürdigkeiten auf. Nach der Rückfahrt ins Hotel war – wie an jedem Tag – für Bedürftige eine kleine Siesta möglich. Der Abend verlief wie der vorige – gemütlich und anregend. Er fand eine Ergänzung durch ein kleines Ständchen des Männerchores für die Damen und in einer hübschen Darbietung von Bildern, die Hans-Martin Schlöndorf beim vorigen Treffen in Mühlhausen und bei den letzten Alumnatstreffen in Laubach geschossen hatte.

    Der Samstag war zunächst geprägt von einer Besichtigung der Nikolaikirche, des Zentrums der Bürgerbewegung, aus der der Zusammenbruch des SED-Regimes hervorgegangen ist. Der großartige Bau mit den charakteristischen Palmsäulen aus der Zeit der klassizistischen Umgestaltung des Innenraums beeindruckt durch seine Größe und Geschlossenheit, lässt aber auch immer wieder Bilder und Geschehnisse aus dem Jahr 1989 wach werden. Der Ausgangspunkt der Montagsdemonstrationen auf dem Nikolaihof wird heute durch eine Nachbildung einer der Innensäulen in voller Größe als „Friedenssäule“ – sehr eindrücklich – markiert. Danach war Stadtbummel angesagt – zu zweit, allein, in Grüppchen. Mendelssohnhaus, das neue Kunstmuseum, Zeitgeschichtliches Forum waren einige der Ziele, wenn man nicht einfach durch die Höfe und Gassen oder auch durch die großen Einkaufsstraßen schlenderte.

Anders, als im Programm vorgesehen, traf man sich auf Jürgs Anraten schon etwa anderthalb Stunden vor Beginn der Motette an der Thomaskirche, zu der man wegen der technischen Vorbereitungen für Fernsehaufnahmen noch keinen Zutritt zur eigentlich beabsichtigten Besichtigung hatte. An drei Zugängen bildeten sich ganz bald Schlangen von mehreren hundert Menschen. Alle bekamen aber noch einen Platz, wenn auch nicht immer einen optimalen. Die Hallenkirche wirkt von innen viel größer als von außen, die gute Akustik war den Darbietungen des Chores und des Gewandhausorchesters angemessen. Zuerst hörten wir die Orgel mit Präludium und Fuge C-Dur (BWV 547), dann sang der Chor eine – uns allen unbekannten – a capella-Motette „Lauda anima mea Dominum“ für vier bis acht Stimmen von Volker Wangenheim, der den meisten nur als Dirigent bekannt war. Das Werk hat allen ausnehmend gut gefallen, es erinnert an Kompositionen von Hugo Distler. Nach einem Wechselgesang Chor/Gemeinde und der Ansprache des Pfarrers erklang die zweiteilige Kantate „Herz und Mund und Tat und Leben“ (BWV 147) mit einem besonders hinreißenden Chor-Sopransolo. Insgesamt ein musikalischer Hochgenuss!

    Das kühle Wetter verwandelte am Abend ein geplantes Grillessen in ein vorzügliches Buffet in einem Ensemble von kleinen Räumen, das der Unterhaltung an den einzelnen Tischen sehr, der allgemeinen Kommunikation weniger förderlich war. Trotzdem konnte Hans Wilhelm v. Wan­genheim (mit Volker W. weder verwandt noch verschwägert) den Dank der ganzen Corona für die großartige Vorbereitung und Leitung des Treffens an Jürg und Marianne richten mit der Überreichung des Bach-Monogramms in Form einer kleinen silbernen Anstecknadel für Marianne. Am Erwerb der Nadel in Köthen hatten sich alle Teilnehmer gern beteiligt.

    Der Sonntagmorgen war dem Abschiednehmen vorbehalten. Bachs Spuren sind nun ausgetreten – die schönen Erlebnisse sind nicht wiederholbar. Diese Mal waren mit von der Partie:

    Adelheid & Hesso zu Castell-Rüdenhausen, Irmgard & Wolfgang von Conta, Eva-Maria & Dr.Heinz Engelhaupt, Frauke & Manfred Försterling, Ann Christin & Kristian Hegenbart-Ritter, Friedrun & Lothar Henkel, Christoph Heymer, Christiane und Bernhard Katzenbach, Ingrid Schlack & Heiner Kern, Anemone Christiani & Dr.Harald Köhler, Christel & Rudolf Kreck, Gudrun & Michael Kreickenbaum, Michael Kurth, Dr.Werner Martin, Dr.Lutz Maske, Barbara & Christian von Meltzer, Ulla & Gunther Pfeiffer, Dagmar Pieschacòn-Raphael, Ute & Eberhard Riehm, Eva Maria Rodenhausen, Heide & Claus-Jürgen Roepke, Almut & Werner Schauß, Dr.Hildegard & Dr.Christoph Scheffer, Clarice Diniz-Ferreira & Hans-Martin Schlöndorf, Elisabeth & Hans-Günther Schlosser, Holger Schneider, Friedrich Graf zu Solms-Laubach, Christa & Hans-Wilhelm von Wangenheim, Albert von Warburg, Annegret & Hans Wieber, Marianne & Dr.Jürg Wieber.

    Im nächsten Jahr – so Jürg – könnten wir uns vielleicht in anderer Form zu anderen Zeiten (und nicht so geballt!) in Altensteig wieder treffen. Eine tröstliche Aussicht!

 

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